Samstag, 25. Februar 2012

4. Tag - ich könnte...!!!

Wenn man mit dem Rauchen aufhört, bekommt man ekligen Schüttelfrost, hässlich pochende Migräne, nervöses Ganz-Körper-Zappeln, schlechte Laune und nervtötende Schnell-Reizbarkeit.
Vielleicht auch nicht,
vielleicht noch viel mehr,
Kotz-Attacken und Würg-Reflexe oder einfach nur das alles durchdringende Verlangen, endlich das wunderschöne Feuerzeug zücken zu können, um den wohltuend nach Tabak riechenden Glimmstängel anzuzünden.
Wenn man aufhört Kaffee zu trinken, bekommt man ekligen Schüttelfrost, hässlich pochende Migräne,
nervöses Ganz-Körper-Zappeln, schlechte Laune und nervtötende Schnell-Reizbarkeit,
ausserdem scheint man anstatt mit den Füssen mit der Nase zu gehen, die überall den verlockenden Duft von Kaffee erhascht - an der Strassenecke bei Tante Monas Lieblingskaffe, im Supermarkt bei der Abteilung mit den golden glänzenden Kaffeepulvertüten oder beim Bahnhof bei der 'take-away Imbissbude', ganz zu schweigen von den Starbucks-Cafés, die einfach wie durch ein Wunder überall zu sein scheinen...

Wenn man aufhört in den Ausgang zu gehen, bekommt man keinen ekligen Schüttelfrost, keine hässlich pochende Migräne auch kein nervöses Ganz-Körper-Zappeln vielleicht ein bisschen schlechte Laune oder nervötende Schnell-Reizbarkeit, vor allem aber wird man heimgesucht von dem "Ich-könnte-Virus", gegen den es sogar in Mamas Arzneischränkchen für dringende und nicht dringende Leiden keine geeignete heilende Tablette oder Creme gibt.
Seit gestern Abend bin ich mit dem "Ich-könnte-Virus" infiziert, der mich wie ein aufgescheuchtes Huhn unsere Holztreppe auf und ab rennen lässt und ständig im Sekundentakt pocht:
Ich könnte mir wieder einmal eine Tasse Honigtee machen und mit den ältesten Kleidern unter die Decke schlüpfen,
poch,
ich könnte durch das samstagabendliche Fernsehprogramm zappen, irgendwo bei einem kitschigen Liebesspielfilm hängen bleiben und mir verstohlen bei der Kussszene eine Tränen aus den Augenwinkeln wischen
poch,
ich könnte mir ein heisses Schaumbad mit tausenden Blubberblasen gönnen,
poch,
ich könnte wie früher mit der Taschenlampe unter der Decke, damit es auch ja niemand bemerkt, ein ganzes Buch von der ersten bis zur letzten Seite durchlesen,
poch,
ich könnte...,
poch,
poch,
POCH.

Doch ich renne schon wieder unsere alte Holztreppe hinauf um einen Blick auf mein Handydisplay zu werfen, mein Herz macht einen nervösen Hüpfer, für einen kurzen Moment bleibt das endlose "ich-könnte" aus, eine neue Nachricht:; drei Wörter, eine Frage, ein blöder Smiley:

"BBC heute Abend??;)"

Ich könnte...!!!

Mittwoch, 22. Februar 2012

1. Tag - ein stinknormaler MITtwoch

Heute ist MITtwoch der 22.2.2012,
ein ganz normaler MITtwoch,
ein stinknormaler,
mitten in einer ganz normalen Woche,
einer stinknormalen Ferienwoche,
einfach nur ein MITtwoch...- MIT dem großen MIT, dass heute, an diesem Mittwoch, die Fastenzeit beginnt, 40 Tage und 40 Abende.

Ich sitze da,
stinknormal,
an diesem Mittwoch,
einem stinknomralen Mittwoch und frage mich, wo das grosse MIT bleibt. Ja, heute beginnt die Fastenzeit, das grosse MIT dieses Tages, das ist mir schon klar. Trotzdem ist das MIT noch nicht richtig in mein Bewusstsein gedrungen. Mir wird es wohl erst so richtig bewusst werden, wenn ich am Freitagabend nach einer anstrengenden Arbeitswoche nach Hause komme und nicht auf den Display meines Handy schauen muss um zu kontrollieren, ob mir irgendjemand schon das Abendprogramm durchgesimst hat.Keine wilden Ideenspinnereien mehr an den Nachmittagen, wo es am Abend hingehen könnte, keine fragende Eltern mehr, ob ich am Samstagabend zu Hause sein werde, für 40 tage keine ängstliche Mom mehr, die mich fragt, ob es diesen Dienstag mal nicht so spät werden wird.
Fastenzeit,
ich stehe vor einer riesigen Leere, so viel Zeit in diesen Tagen, die ich irgendwie ausfüllen kann und muss.
Zeit und Angst - was wird diese Zeit mit mir anstellen? Werde ich zu einem Mauerblümchen mutieren, dass nach diesen 40 Tagen schon Ohrenschmerzen und Muffesausen bekommt, wenn es nur an die laute Musik und die vielen Leute der Discos denkt? Oder werde ich all das "verpasste" nach diesen Tagen nachholen müssen? (oh je, bitte nicht...)

Ich sitze da
und lasse mich ein auf das grosse MIT, ohne zu überlegen was es sein wird, ohne zu wissen, was es sein kann. Das ist das ohne dieser Tage, der Verzicht, nicht zu wissen, was das MIT sein wird.

Sonntag, 19. Februar 2012

Die gute Frage und ihre ehrliche Antwort

"Meinst du wirklich, dass es Menschen gibt, die es interessiert, womit du dich 40 Tage lang aus masochistischen oder was auch immer für welchen Gründen durch die Gegend quälst?"

Ich stand da und fühlte mich, als wäre ich mit 100 Stundenkilometer vollgas gegen die Wand geknallt.
Peng.
Zack.
Paff.
Raus.
Mein nächster Impuls war wie immer zu rennen, loszurennen, weg vor diesem Satz, weg vor dieser möglichen Realität, doch ich blieb stehen, liess für einmal die Frontalkonfrontation mit der harten, erbarmungslosen Wirklichkeit von Heute zu. Es ist die Wahrheit, eine total berechtigte Frage; WEN interessiert das schon?

"Weisst du, ich frage mich nur gerade, um was es beim Fasten überhaupt geht - Geht es nicht viel mehr darum, bewusst für sich auf etwas zu verzichten, ohne die ganze Welt mit seinem damit verbundenen Leiden zu bombadieren und Mitleid oder Anerkennung zu ernten...?"

Amen.
Aufatmen.
Lächeln.
Da war das winzige, feste Stückchen Boden auf dem schwankenden Ozean dieser Frage. Schon seit ich klein bin gibt es solche Tage, da wirbeln die Gedanken nur noch so in meinem Kopf und ich fühle mich, wie auf einem riesigen, endlos drehenden Karussell, welches die neue Höchstgeschwindigkeit ausprobiert. Dann hilft meistens nur eins: schreib dich frei!
Schreiben und damit ein Stückchen fester Boden in dem ganzen zappeligen Durcheinander finden, schreiben und sich gleichzeitig durch den Rettungsring quetschen, schreiben, weil man dabei nicht noch mehr Sturm produzieren kann sondern einfach die Hände über die Tastatur gleiten und ihr Werk vollenden lässt. Aber auch schreiben und damit eine Sprache finden für all die Dinge, die ansonsten unausgesprochen blieben, schreiben und damit anderen eine neue Grammatik der Realität beibringen, schreiben und andere eintauchen lassen.

schreiben oder bloggen,
WEN interessiert das schon?

Ich lächtelte leise und antwortete:WEN interessiert das schon? Gute Frage...berechtigte Frage, realistische Frage - ehrliche Antwort: Ich weiss es nicht aber ich ich kann dir ehrlich sagen, dass mein Selbstexperiment nicht nur aus masochistischen oder anerkennungsheischenden Gründen geschieht. Ich glaube, dass es immer gleiche, konditionierte Gewohnheiten sind, die uns inaktiv machen in dem wir ständig aktiv sind, da alles gleich bleibt. Vielleicht ist Ausgang so eine Gewohnheit, ich weiss es nicht. Auf jeden Fall hoffe ich, dass ich mit meinem Selbstexperiment nicht nur meiner Wahrheit ein Stückchen näher kommen werde...!

schreiben oder bloggen,
für mich macht es keinen Unterschied - für Sie schon.

Montag, 13. Februar 2012

...40 Tage und 40 abENDE?...

Ich zähle...

...noch EINMAL 5-Franken-Abend im BBC (eigentlich zwei, aber nächsten Dienstag werde ich irgendwo mitten in Laax in den Skiferien sitzen und hoffentlich am Abend so tief und fest schlafen, dass ich nicht daran denken werde, was am nächsten Tag beginnen wird.)
...noch ZWEIMAL richtig gross in den Ausgang (gut hat das Wochenende zwei Abende)
...noch FÜNF ganze, tolle, wunderbar lange Feierabende, die ich irgendwie, sorglos und einzigartig füllen kann
...noch ein paar Sitzungen (ach du Schreck - am Abend!!)
...noch ein paar Verpflichtungen (ach du Schreck - auch am Abend...)

Macht kurz und bündig, egal wie ich es drehe und wende, ACHT Abende, die mir noch bleiben, ganze ACHT Abende, die ich irgendwie ausfüllen kann, obwohl die meisten davon schon so schecklich dicht gefüllt sind, acht wunderbar lächelnde Abende...und was kommt dann?

Als ich klein war habe ich während der Fastenzeit immer auf Süssigkeiten verzichtet und gestaunt, wie viel Torten und leckere Desserts, wie viele Schokoladentäfelchen und Wackel-Pudding oder andere süsse Versuchungen man in vierzig langen, quälenden Tagen überhaupt angeboten kriegt!
Mir kam es jeweils so vor, als hätten extra alle Verwandten und Bekannten in diesen vierzig Tagen Geburtstag, nur damit auch sie noch vor meiner Nase ihren schönsten, grössten und farbigsten Geburstagskuchen anchneiden und geniessen können - schrecklich! Doch dieses Jahr sind es nicht die farbigen Geburtstagskuchen, die mich mit ihren Zuckergüssen locken und verführen wollen, wussten Sie, dass an fast jeder Strassenecke irgendein doofes Plakat mit dem Wort Abend  klebt? Als ob es mich interessieren würde, wo am Freitagabend, 24.Janaur 2012, die beste Party des Jahres steigt!!! Und dass das einzige erwähnenswerte Pub in Gossau, namentlich BBC, ausgerechnet im Jahr 2012 sein 10-Jahres-Jubiläum feiern muss und man ab dem 5.März jeden verflixten Abend bis zur grossen Jubiläumsparty mit Feuerwerk am Freitagabend ,9.März, dort verbringen könnte, das, interessiert mich schon gar nicht!
Wirklich, gar nicht!!
Schliesslich kann man das Feuerwerk bestimmt ganz gut von unserem Küchenfenster aus bewundern, bei unserer tollen, erhöhten Lage und es ist ja sowieso viel besser, wenn man den ganzen Krach nicht ohrenbetäubend live mitkriegt...jajaa, viel besser!

ich zähle...
...
noch ACHT Abende,
acht wundervolle Abende - und was kommt dann?

40 Tage und 40 abENDE.

ps: hoffentlich feiern all meine Bekannten und Verwandten ihre Geburtstage nicht am  Abend,  dann gibt es nämlich dieses Jahr endlich wieder alle diese superleckere Kuchen und farbigen Torten mit Zuckerguss für mich - viiieeel besser,
viel besser als Feuerwerk im BBC...!

Samstag, 4. Februar 2012

Mein grosses Definitions-ÄÄÄHM

"Du verzichtest also auf Ausgang..."

"Richtig."

"Ausgang, soso, das heisst...das heisst...du wirst 40 Tage lang jeden Abend schön brav zu Hause sitzen und Däumchen drehen?"

"Ääähm..."(Meine Gedanken schlugen Purzelbäume, eins, zwei, drei - im nächsten Augenblick war ich auch schon rot, dann dunkelrot, mein Gegenüber zeigte mir sein schönstes, sarkastisches Grinsen, aufgepeppt mit ironischer Hähme - na toll!)

"Ausgang also...sehr interessant!!"

Ausgang. Natürlich war mir klar, was mein Gegenüber von mir wissen wollte: das blosse Wort 'Ausgang' kann so weitläufig ausgelegt werden wie die Definition von "ein grosses Herz haben" oder "das Richtige tun". Natürlich war mir auch klar, dass in diesem Moment genau eine solche Definition des wunderbar vielseitig auslegbaren Wortes 'Ausgang' von mir gefordert wurde  - nur leider ist genau das Wissen, das Ausgang eigentlich heissen kann, was ich möchte, der einzige mich rettende Strohhalm. Genau diese Tatsache, dass mit dem Wort 'Ausgang' eigentlich noch nichts gesagt ist, ist wie ein wunderbar hell scheinendes Hintertürchen, hinter dem ich immer noch jederzeit verschwinden könnte...unglaublich, mit wie vielen Mittel ich es immer wieder schaffe, vor mir selbst davonzurennen.

Klar, Ausgang kann so wunderbar weitläufig verstanden werden, doch wenn ich ehrlich bin, weiss ich ganz genau, was Ausgang für mich bedeutet.
Oder?
Ich könnte in unserem dicken Lexikon  under "A" die Definition nachschlagen, ich könnte wie immer Papa-Google fragen oder vielleicht zur Abwechslung einmal meine Oma? Das wäre bestimmt auch sehr hilfreich und spannend...Doch all diese tollen, hilfrechen Antworten, die ich bekommen würde, nährten nur legitime Argumente für meine Flucht vor mir selbst.
Oder?
Ich würde mir dann schön jenes Argument oder jene Definition herauspicken, die für mich gerade am angenehmsten wäre.
Pick.
Pick.
Nein, diesmal gibt es nichts zu picken, kein Lexikon, kein Google, auch nicht der tolle Ratschlag meiner Oma...für einmal verbiete ich mir zu rennen...
Oder?

"Ja, interesssant, ich werde 40 Tage lang weder eine Diskothek, noch eine Bar oder ein Café nach 19.00 Uhr betreten."

"Soso - und was ist mit Kino- oder Theaterbesuchen?"

"Ääähm..."

"Oder mit öffentlichen Gebäuden wie Museen? Oder was ist mit Imbiss-Ständen; darfst du nach 19.00 Uhr bei 'Walters-Wurst-um-die-Ecke' stehend ein Feierabend-Bierchen schlürfen?"

ÄÄÄHM.