Donnerstag, 1. März 2012

9. Tag - Meine Sprach-Ohnmacht und das frühmorgendliche Vogelgezwitscher

Ich liess die Füsse im milden Frühlingssonnenschein baumeln währenddessen ich mir den Telephonhörer ein bisschen näher ans Ohr drückte.
Heute morgen haben die Vögel gezwitschert,
herrlich,
so wie am Sonntag, als ich in aller Herrgottsfrühe um 7.00 Uhr aufgewacht bin,
Frühlingserwachen,
wunderbar erquickend und einzigartig war dieses Erwachen gewesen, so einzigartig, dass es sogar das "ohne" Ausgang am Samstag wett machte - dies muss ich ihr jetzt sofort erzählen!
Ich holte tief Luft um gleich mit meinem Lobgesang über das Vogelgezwitschern zu beginnen - im gleichen Augenblick wie sie am anderen Ende auch Luft holte - sie war ein bisschen schneller, wie eine
längst verstaubte Kanone, die nur darauf gewartet hatte endlich wieder ausgepackt, geputzt und gebraucht zu werden legte sie los, ich schloss die Augen, kein Prolbem, mussten meine Erlebnisse mit dem frühmorgendlichen Vogelgezwitscher eben warten...

"Ach, du hast soooo viel verpasst"!

In weiten Erzählschlaufen und haarsträubenden Aussschweifungen wurden mir die Ausgangserlebnisse der letzten Tage vor den Ohren aufgerollt: Freitag- und Samstagabend Party-time bis in alle Nacht, einmalig, unvergesslich, wunderbar, einfach nur Spass uns jugendliche Lebensfreude.
Dienstagabend natürlich, wie immer, ach, schwärmte ihre vertraute Stimme mir am Telephon vor, es war super, du glaubst gar nicht wen ich nach etlicher Zeit wieder getroffen habe und was er mich - bestimmt nacht einigen Drinks, aber was macht das schon - gefragt hat...!
Bei diesem Abschnitt legte sie eine dramatische, spannungssteigernde Pause ein, ich wusste, dass sie auf mein erstauntes "nein was dann" wartete, doch ich wollte ihr eigentlich nur erzählen, dass die Vögel gezwitschert hatten, heute Morgen, so wie am Sonntag, als ich ausnahmsweise mit der Sonne aufgewacht und nicht mit ihrem Aufwachen erst zu Bett gegangen bin.
Ihre Stimmte verstummt plötzlich, dann, nach einer langen, gedehnten Pause ihr besorgter Ausruf:

"Sag mal, hörst du mir eigentlich zu??!!
Was ist nur los mit dir heute?"

Ich schweige, weiss keine Antwort auf diese Frage - Wie soll ich ihr denn nur begreiflich machen, dass die Vögel heute morgen gezwitschert hatten, ohne dass sie dieses Erlebnis leichtfertig abtat oder denkt, dass ich jetzt definitiv verrückt geworden bin?
Wie soll ich erklären, wie wunderbar sich das Klangfest der Natur im Kleid von simplem Vogelgezwitscher anhören kann, wenn man gerade dabei ist, über die spätabendliche Erlebnisse, die von ganz anderen, technischen, laut pulsierenden Klänge begleitet werden, zu berichten?
In Anbetracht all dieser tollen Partyerlebnisse erschien mir meine Freude an den zwitschernden Vögel nicht mehr wie eine Offenbarung des "ohne" sondern wie die grösste Narrheit eines von Entzugserscheinungen heimgesuchten Irren.
Ich liess die Füsse im wärmenden Sonnenschein baumeln,
schwieg noch immer,
sah wie sich ein kleiner Spatz auf den anderen Rand meiner Bank niederliess,
lächelte und sagte...
nichts.

Sollen die Vögel eben für 40 Tage nur für mich alleine zwitschern!

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