Montag, 2. April 2012

41. Tag - das ohne kann mehr werden

Der einundvierzigste Tag,
die neunhundertvierundachtzigste Stunde,
die neunundfünfzigtausendundvierzigste Minute,
die dreimillionstefünfhundertzweiundvierzigtausendvierhundertste Sekunde,
...

...

Ich rechnete und rechnete,
vorwärts und rückwärts,
wurde von schrecklichen Gewissensbissen heimgesucht, da ich wahrhaftig für das Wohl meiner Mathematikkünste seit einigen Monaten rein gar nichts getan hatte. Da rächt es sich also, dachte ich zähneknirschend und sah mal wieder (wie hätte es anders sein können?) keinen anderen Ausweg als der verlässliche Papa-Google - wie gut, dass ich nicht auf Google verzichte. Diese unglaublich schlaue Suchmaschine sorgte auch sofort für herrliche Erleichterung, so schlecht steht es also doch noch nicht um meine halb vergessenen Mathematikkünste:

Seit der Synode von Benevent (1091 n.Chr.) dauert die Fastenzeit, die den Fastenden auf Ostern vorbereiten soll, 40 Tage (solange wie Jesus in der Wüste fastete bevor er öffentlich zu Lehren begann) exklusive allen Sonntagen dieser Wochen, das heisst, wenn man von Aschermittwoch zu zählen beginnt, dauern diese 40 Tage bis Ostersonntag, was insgesamt 47 Tage ergibt.

Wunderbar.
Wunderbar einfach; Fasten ohne Mitberücksichtigung aller Sonntage.
Meine drehenden Gedankenrädchen veranstalteten Purzelbäume,
sieben ganze Sonntage,
das heisst, sieben ganze "SonnNÄCHTE", an denen ich gemäss Synode von Benevent nicht hätte fasten müssen. Was heisst schon müssen?  Und wieder einmal kam ich bei dieser Frage an: Was heisst schon Fasten?
Normalerweise ist das jeweils der Punkt, an dem ich mich ganz geschwind umdrehe um die wunderschönen Frühlingsblumen auf der Wiese zu betrachten. Doch diesmal haben alle farbenfrohen Blumen leise ihre Köpfchen schon geschlossen,
die Nacht hat Einzug gehalten.
Was heisst also Fasten?
Diese Frage erlaubt meiner Meinung nach keine allgemeingültige Definition, die als Maxime für alle Menschen auf der Welt gelten kann, sie öffnet viel mehr eine individuelle, tiefgründige und getragene Symbolwelt. Wir Menschen sind doch nicht nur einfach 'Menschen', wir sind Geist, Körper, Emotionen, Wünsche, Bedürfnisse und auch das alles reicht noch nicht. Wir streben unermüdlich nach Mehr, nach Höherem und Grösserem - und wir fragen nach der Vergangenheit und Zukunft,
wir fragen nach dem Sinn.
Was hat das alles mit Fasten zu tun?
Ich glaube, in dem man bewusst etwas von dem menschlichen Streben nach Mehr aufgibt und loslässt,
schafft man Raum für etwas Unerwartetes, Höheres, Unfassbares,
Unkontrollierbares,
da es nicht mehr gewohnt ist.
Fasten kann zum Nachdenken anregen, zum Über- und Neudenken verleiten - das "ohne" kann Mehr werden, da es nicht mehr ist.
In dem ich also "faste", verzichte ich für einmal darauf, mich nur immer umzudrehen und die Köpfchen der Blumen zu betrachten,
egal ob das nun 40 oder 47 Tage dauert...
...
oder für immer.

Donnerstag, 22. März 2012

31. Tag - Panik anstatt Erleichterung!!!???

Das Ende der Fastenzeit und somit meines Selbstexperimentes rückt immer näher,
buntbemalte, strahlende Ostereier und zuckersüsse Schokoladenhasen grinsen mir fies aus jedem Schaufenster entgegen und erinnern mich pausenlos an die immer näher rückende, unausweichliche Schlussbilanz.

Anstatt mich mit jedem blutroten Abendrot ein bisschen besser zu fühlen, - was eigentlich normal gewesen wäre - bekomme ich zunehmend Panik vor dem sich bedrohlich nähernden Ende,
Panik vor der Frage, was mir diese 40 Tage jetzt gebracht haben,
Panik merken zu müssen, dass ich die Zeit zu wenig genutzt habe oder noch schlimmer, viel besser hätte nutzen können,
Panik mir eingestehen zu müssen, dass diese Tage einfach so an mir vorbeizogen und ich einfach mitgerannt bin,
Panik vor mir selbst versagt zu haben,
Panik vor der Tatsache, dass jetzt alles wieder so werden wird, wie es schon immer gewesen ist - ohne Veränderung oder jeglicher Mehrwert,
Panik vor der Möglichkeit, am 8.April zum ersten Mal wieder in einen Club zu gehen und merken zu müssen, dass diese Welt mir total fremd und suspekt geworden ist.

Panik auf der einen Seite vor den möglichen Auswirkungen und auf der anderen Seite vor der Möglichkeit keiner Auswirkung!

Panik...

...vor was eigentlich?
Wohl vor den doofen Idealvorstellungen oder Realitätszurechtbiegungen,
wohl vor dem Wunschdenken und subjektiver Wertung,
wohl vor dem Versagen,
wohl vor mir selbst!

Freitag, 16. März 2012

24.Tag - mit offenen Augen träumen

Bis vor kurzem, genauer gesagt, bis vor 24 Tagen, hatte ich die lebenserhaltende, hochangesehene und weitverbreitete Angewohnheit, jede Sekunde einer Zugfahrt mit Schlafen zu verbringen. Kaum hatte ich mir ein passendes Abteil ausgesucht, schlossen sich scheinbar wie durch Zauberhand meine Augen und ich wette, ich wäre jedes Mal tief eingeschlafen, wenn mich die monotone Frauenstimme nicht schon nach knapp 10 Minuten durch die Lautsprecheranlage mit der netten Information "nächster Halt Gossau"  unsanft aus meinem Sekundenschlaf gerüttelt hätte.
Seit 24 Tagen jedoch wollen sich meine Augen einfach nicht mehr schliessen.
Vielleicht weil ich am Dienstagabend mein liebes Bett nicht mehr bis in die frühen Morgenstunden alleine auf mich warten lasse,
oder weil ich am Freitag- und Samstagabend erst mit dem Erwachen der Sonne zu Bett gehe,
vielleicht auch einfach, weil die Sonne zu hell scheint.
Obwohl ich diese erholende Schlafzeit im Zug als das wunderbarste und grösste Geschenk des Tages angesehen habe - denn täglich Zugfahren ist scheinbar sowieso unnötig und absolut nur schlafend erträglich - muss ich jetzt merken, dass ich all diese Monate das lustigste und unterhaltsamste an der ganzen Zugfahrt verpasste!
Wenn sich die Augen nämlich nicht wie durch ein biologisches Wunder jedes Mal von selbst schliessen, merkt man nämlich nicht erst am Schluss, wenn man beim Aussteigen über die ausgestreckten Beine des Sitznachbars stolpert, dass es überhaupt noch andere Menschen in diesem Zug gibt.
Ja, andere Menschen,
Menschen,
die nicht nur schlafen sondern leben.

Glauben Sie mir,
wenn Sie für einmal die Augen nicht schliessen und in ihre Traumwelt versinken, sehen Sie einfach ALLES

Es ist wie Kinofilm schauen oder Abenteuerbücher lesen; manchmal denken Sie, Sie hätten sich in einem Science-Fiction Roman verirrt  (wenn nämlich die ältere Dame neben ihnen im Ernst pink-gefärbte Haare hat und eine gelbe Neontasche bei sich trägt) nur um im nächsten Augenblick überzeugt zu sein, in einer amerikanischen Soap zu stecken, da der Gesprächsstoff der zwei knallgeschminckten Blondinen vis-à-vis ein beängstigend tiefes Niveau erreicht hat und ständig durch dämliches Gekicher untermalt wird.
Manchmal befinden Sie sich auch plötzlich in einem spannenden Krimi, in dem die haarsträubenden Ausreden des jungen Mannes mit schickem, knallengem Anzug im Nachbar-Abteil, warum er kein gültiges Billet vorweisen kann, immer fantasievoller und absurder werden.

Eigentlich ist Zugfahren wie träumen, nur dass Sie sich all diese Dinge nicht selbst ausdenken, sondern sie echt und wirklich sehen!
Wunderbar.
Wie viel ich doch verpasst habe, in dem ich immer dachte, dass meine ausgemalten Träume hinter geschlossenen Augenlidern spannender und erholsamer wären als die echte Realität.

-

Manche Leute brauchen eben 24 Tage ohne Ausgang,
bis sie endlich die Augen öffnen.

Freitag, 9. März 2012

17.Tag - wenn das Wörtchen ABER nicht wäre...

Es war einmal,
vor langer, langer Zeit,
ein kleines, dummes, unüberlegtes Mädchen,
welches ohne gross nachzudenken beschlossen hatte, 40 Tage lang nicht in den Ausgang zu gehen und schmerzlich merken musste, dass 'Ausgang' wohl viel mehr bedeutete, als es sich das jemals hätte vorstellen können. Der Vorsatz des Mädchens erwies sich nämlich als viel weitgreifend bedeutsamer, als sich dieses kleine Persönchen ausgemalt hatte. Plötzlich musste es ihre sozialen Treffen fürchterlich gut planen, denn die einfache Variante "wir sehen uns dann am Freitag im Ausgang" war unausweichlich aus seinem Repertoire gelöscht. Stattdessen schrieb es wilde SMSen ob irgendjemand Lust auf ein Kaffeekränzchen am Mittwochnachmittag habe?", leider mit spärlicher Erfolgsquote. Dafür blieb der Erfolg nicht aus, was die Freundschaft mit dem Wörtchen ABER  betraf: es wurde sein treuester Begleiter, der fast in jedem zweiten Satz auftauchte, sein liebster Lückenfüller und Helfer in der Not, der immer einspringen konnte, wenn es wieder unfähig mit den "äähms" und "würde" herumdruckste.


Wie gut gab es doch das liebe grosse ABER.

Das aber war zur Stelle, wenn das kleine dumme Mädchen gefragt wurde, ob es am Freitagabend in den Ausgang mit ihren alten Schulkameraden kommen wolle, oder bei der Einladung zur Party am Samstagabend oder natürlich auch bei der Frage, wie die Stimmung am Dienstag im BBC gewesen sei.
Kurz, das grosse liebe  ABER half dem Mädchen bei so manchen dummen Fragen aus der Patsche. So hiess es dann immer, es würde ja sehr gerne und hätte wirklich grosse Lust, ABER... - und schon war der Fall erledigt.

Eines Abends, es war der 9. März 2012, erschütterte plötzlich dunkles, impulsives Donnergekrache die nächtliche Ruhe. Das Mädchen hatte es sich gerade in den ältesten Kleidern mit seiner Kuscheldecke auf der Couch bequem gemacht, als es die ersten, dumpfen Klänge wahrnahm. Wie vom Blitz getroffen sass es da,
alleine
in seine Decke gehüllt und versuchte erst gar nicht, dass Geräusch einzuordnen, denn es war ihm nur zu bekannt.
Es hörte sich so unheimlich
beängstigend
ähnlich an wie...
FEUERWERK...
Jubiläumsfeuerwerk,
Jubiläumsfeuerwerk, wie es im BBC nur dann gen Himmel geschickt wurde, wenn...- ABER wissen Sie was, lassen wir dieses Geschichtchen mit dem kleinen Mädchen und seinem grossen ABER, konzentrieren wir uns besser auf die Gegenwart,
das Hier und Jetzt.

....denn wenn sie nicht gestorben ist,
dann lebt sie noch heute...¨

ENDE

Montag, 5. März 2012

13. Tag - wie ein Lächeln ohne Gesicht oder Maske

Ich habe das Gefühl meine Woche scheint einfach nur zu rasen wie ein viel zu schneller Schnellzug,
einfach so,
sie hat die Gestalt verloren,
ist zu einem undefinierbaren Gummikonstrukt geworden,
einfach so,
ohne gewohntes Muster,
irgendwie.

Bald sind es zwei Wochen, vierzehn Tage, immer wieder die gleiche Frage:
 "Wie ist es so ohne Ausgang?"
Ohne Ausgang.
Eigentlich ist es ganz normal, die Tage vergehen so schnell wie immer, die Welt dreht sich mit der gleichen rasanten Geschwindigkeit wie immer, die Leute gehen zur Arbeit und geniessen das Wochenende - wie immer.
Ohne Ausgang.
Es hat sich eigentlich nichts geändert,
ich wache am Morgen auf wie immer, schmecke den Duft des neuen Tages, rieche das Leben, sehe die Welt und fühle die Energie,
es ist alles wie immer...es ist nur UNGEWÖHNLICH.
Ohne Ausgang.
Meine Woche hat so einen fremden, unerklärlichen Beigeschmack bekommen, sie schwebt über dem Boden wie eine Möwe über dem Wasser und schaukelt wie ein goldenes Blatt im rauhen Herbstwind.
Ohne Ausgang.
Mein gewohntes Leben hat sein Gesicht verloren und trotzdem lächelt es einfach weiter,
ich wache am Sonntagmorgen um sieben Uhr früh mit den ersten Sonnenstrahlen auf,
es ist nichts passiert,
es ist nur UNGEWÖHNLICH.
Es ist ungewöhnlich und doch merke ich irgendwie nichts davon,
denn das Leben rast weiter,
die Termine gehen weiter,
die Welt dreht sich atemberauend schnell,
schon ist wieder eine Woche vorbei,
es ist eigentlich wie immer...nur irgendwie schaukelnder, formloser, ohne das gewohnte Muster, ohne die viel zu lauten Beats des Lebens,
wie ein Lächeln ohne Gesicht oder Maske,
nackt.

"Weisst du, es ist eine Art Entgrenzung,
es ist der Wunsch,
so sein zu können, wie man sein möchte,
es ist eine grosse Bühne der Selbstinszenierung,
eine eigene Welt,
die nicht dreht sondern im Beat der Musik pulsiert..."

Vielleicht ist es auch einfach ein Muster,
eine Struktur, die deinem Leben ein Gesicht gibt - oder eine Maske, je nach dem.

Donnerstag, 1. März 2012

9. Tag - Meine Sprach-Ohnmacht und das frühmorgendliche Vogelgezwitscher

Ich liess die Füsse im milden Frühlingssonnenschein baumeln währenddessen ich mir den Telephonhörer ein bisschen näher ans Ohr drückte.
Heute morgen haben die Vögel gezwitschert,
herrlich,
so wie am Sonntag, als ich in aller Herrgottsfrühe um 7.00 Uhr aufgewacht bin,
Frühlingserwachen,
wunderbar erquickend und einzigartig war dieses Erwachen gewesen, so einzigartig, dass es sogar das "ohne" Ausgang am Samstag wett machte - dies muss ich ihr jetzt sofort erzählen!
Ich holte tief Luft um gleich mit meinem Lobgesang über das Vogelgezwitschern zu beginnen - im gleichen Augenblick wie sie am anderen Ende auch Luft holte - sie war ein bisschen schneller, wie eine
längst verstaubte Kanone, die nur darauf gewartet hatte endlich wieder ausgepackt, geputzt und gebraucht zu werden legte sie los, ich schloss die Augen, kein Prolbem, mussten meine Erlebnisse mit dem frühmorgendlichen Vogelgezwitscher eben warten...

"Ach, du hast soooo viel verpasst"!

In weiten Erzählschlaufen und haarsträubenden Aussschweifungen wurden mir die Ausgangserlebnisse der letzten Tage vor den Ohren aufgerollt: Freitag- und Samstagabend Party-time bis in alle Nacht, einmalig, unvergesslich, wunderbar, einfach nur Spass uns jugendliche Lebensfreude.
Dienstagabend natürlich, wie immer, ach, schwärmte ihre vertraute Stimme mir am Telephon vor, es war super, du glaubst gar nicht wen ich nach etlicher Zeit wieder getroffen habe und was er mich - bestimmt nacht einigen Drinks, aber was macht das schon - gefragt hat...!
Bei diesem Abschnitt legte sie eine dramatische, spannungssteigernde Pause ein, ich wusste, dass sie auf mein erstauntes "nein was dann" wartete, doch ich wollte ihr eigentlich nur erzählen, dass die Vögel gezwitschert hatten, heute Morgen, so wie am Sonntag, als ich ausnahmsweise mit der Sonne aufgewacht und nicht mit ihrem Aufwachen erst zu Bett gegangen bin.
Ihre Stimmte verstummt plötzlich, dann, nach einer langen, gedehnten Pause ihr besorgter Ausruf:

"Sag mal, hörst du mir eigentlich zu??!!
Was ist nur los mit dir heute?"

Ich schweige, weiss keine Antwort auf diese Frage - Wie soll ich ihr denn nur begreiflich machen, dass die Vögel heute morgen gezwitschert hatten, ohne dass sie dieses Erlebnis leichtfertig abtat oder denkt, dass ich jetzt definitiv verrückt geworden bin?
Wie soll ich erklären, wie wunderbar sich das Klangfest der Natur im Kleid von simplem Vogelgezwitscher anhören kann, wenn man gerade dabei ist, über die spätabendliche Erlebnisse, die von ganz anderen, technischen, laut pulsierenden Klänge begleitet werden, zu berichten?
In Anbetracht all dieser tollen Partyerlebnisse erschien mir meine Freude an den zwitschernden Vögel nicht mehr wie eine Offenbarung des "ohne" sondern wie die grösste Narrheit eines von Entzugserscheinungen heimgesuchten Irren.
Ich liess die Füsse im wärmenden Sonnenschein baumeln,
schwieg noch immer,
sah wie sich ein kleiner Spatz auf den anderen Rand meiner Bank niederliess,
lächelte und sagte...
nichts.

Sollen die Vögel eben für 40 Tage nur für mich alleine zwitschern!

Samstag, 25. Februar 2012

4. Tag - ich könnte...!!!

Wenn man mit dem Rauchen aufhört, bekommt man ekligen Schüttelfrost, hässlich pochende Migräne, nervöses Ganz-Körper-Zappeln, schlechte Laune und nervtötende Schnell-Reizbarkeit.
Vielleicht auch nicht,
vielleicht noch viel mehr,
Kotz-Attacken und Würg-Reflexe oder einfach nur das alles durchdringende Verlangen, endlich das wunderschöne Feuerzeug zücken zu können, um den wohltuend nach Tabak riechenden Glimmstängel anzuzünden.
Wenn man aufhört Kaffee zu trinken, bekommt man ekligen Schüttelfrost, hässlich pochende Migräne,
nervöses Ganz-Körper-Zappeln, schlechte Laune und nervtötende Schnell-Reizbarkeit,
ausserdem scheint man anstatt mit den Füssen mit der Nase zu gehen, die überall den verlockenden Duft von Kaffee erhascht - an der Strassenecke bei Tante Monas Lieblingskaffe, im Supermarkt bei der Abteilung mit den golden glänzenden Kaffeepulvertüten oder beim Bahnhof bei der 'take-away Imbissbude', ganz zu schweigen von den Starbucks-Cafés, die einfach wie durch ein Wunder überall zu sein scheinen...

Wenn man aufhört in den Ausgang zu gehen, bekommt man keinen ekligen Schüttelfrost, keine hässlich pochende Migräne auch kein nervöses Ganz-Körper-Zappeln vielleicht ein bisschen schlechte Laune oder nervötende Schnell-Reizbarkeit, vor allem aber wird man heimgesucht von dem "Ich-könnte-Virus", gegen den es sogar in Mamas Arzneischränkchen für dringende und nicht dringende Leiden keine geeignete heilende Tablette oder Creme gibt.
Seit gestern Abend bin ich mit dem "Ich-könnte-Virus" infiziert, der mich wie ein aufgescheuchtes Huhn unsere Holztreppe auf und ab rennen lässt und ständig im Sekundentakt pocht:
Ich könnte mir wieder einmal eine Tasse Honigtee machen und mit den ältesten Kleidern unter die Decke schlüpfen,
poch,
ich könnte durch das samstagabendliche Fernsehprogramm zappen, irgendwo bei einem kitschigen Liebesspielfilm hängen bleiben und mir verstohlen bei der Kussszene eine Tränen aus den Augenwinkeln wischen
poch,
ich könnte mir ein heisses Schaumbad mit tausenden Blubberblasen gönnen,
poch,
ich könnte wie früher mit der Taschenlampe unter der Decke, damit es auch ja niemand bemerkt, ein ganzes Buch von der ersten bis zur letzten Seite durchlesen,
poch,
ich könnte...,
poch,
poch,
POCH.

Doch ich renne schon wieder unsere alte Holztreppe hinauf um einen Blick auf mein Handydisplay zu werfen, mein Herz macht einen nervösen Hüpfer, für einen kurzen Moment bleibt das endlose "ich-könnte" aus, eine neue Nachricht:; drei Wörter, eine Frage, ein blöder Smiley:

"BBC heute Abend??;)"

Ich könnte...!!!